Dating auf Augenhöhe – geht das überhaupt

“Als Frau hast Du es eh viel leichter!”, immer wieder kommt dieser Einwand, wenn ich auf Twitter von meinen Dates erzähle. Frauen können wählerisch sein – Männer müssen nehmen, was sie bekommen: Dieser Eindruck entsteht, wenn man sich umhört sehr leicht. Nun. Das ist nur die halbe Wahrheit. Denn die Wahrheit ist: Das kommt darauf an. Was sind also die Unterschiede beim Dating zwischen Mann und Frau. Und wie können wir die mögliche Ungleichheit rund ums Daten zwischen Männern und Frauen überwinden? Kann Dating wirklich fair sein? Von all dem handelt dieser Artikel. Ich gehe dabei nur auf heterosexuelle Datingerfahrungen ein.

Geschlechterdisparität auf Dating-Apps

In den gängigen Datingportalen online herrscht Männerüberschuss. Woran das liegt, lässt sich für mich menschlich durchaus erklären. Die meisten Frauen wollen erobert werden – umworben. Das ist gesellschaftlich gewachsen – trotz aller Gleichberechtigung. Sich mit einem Profil in einer Datingapp anzumelden fühlt sich für manch eine offenbar an als würde man sich mit einem “Nimm mich!”-Schild auf den Marktplatz stellen. Das ist das Gegenteil von “umworben werden”. Es sind also schon mehr Männer angelemdet, als Frauen. Doch das ist nicht alles. Männer liken auch anders als Frauen. Vielleicht auch, weil Männer eben weniger Auswahl haben – aber das ist eben wie mit der Henne und dem Ei. Frauen liken viel defensiver Liken als Männer. Eine Studie zeigt, dass Männer dazu neigen, mehr als jede zweite Profilansicht mit einem “Like” zu versehen, während Frauen selektiver sind (sie wischen nur bei jedem 20. Profil nach rechts). Logisch, dass das zu einem Ungleichgewicht führt.

Die Herausforderungen für Männer

Wenn wir über Männer beim Online-Dating sprechen, scheint der Wettbewerb hart zu sein. Einige wenige Männerprofile kommen bei Frauen gut an – diese Männer haben durchaus Tinder-Erfolg. Die ganz große Masse dagegen muss auf eine Mischung aus Quantität und Glück setzen. Und sie müssen ihr Profil pimpen, um aus der Masse herauszustechen.

Die Perspektive der Frauen

Für Frauen mag das Fischen in einem scheinbar unendlichen Match-Pool auf den ersten Blick verlockend erscheinen, aber die Erfahrung ist oft weit entfernt von einem rosa Wolken Schlösschen. Frauen müssen häufiger zwischen ernsthaften Anfragen und unerwünschten Nachrichten filtern, was die Online-Dating-Erfahrung ziemlich zeitraubend machte. Eine Analyse von Pew Research Center ergab, dass Frauen sich oft durch Online-Dating-Plattformen belästigt fühlen. Geht mir persönlich auch so. Und schließlich ist es zwar leicht irgendjemanden zu finden – den passenden zu finden, ist dagegen schon eine Herausforderung.

Die Balance von Quantität und Qualität

Die Balance zwischen Quantität und Qualität ist der Schlüssel zum Erfolg. Beide Geschlechter müssen einen Mittelweg zwischen der Masse an Profilen und dem individuellen Interesse an einer Person finden. Und schließlich ist mit dem Onlinedating ja nur der erste Schritt gemacht.

Beliebig sein

Als Frau in der Onlinedatingwelt hab ich oft das Gefühl, dass Männer mich erobern wollen, weil ich halt jetzt auf sie angesprungen bin. Ich weiß, dass sie dutzende Frauen vor mir nach rechts gewischt haben und ich halt jetzt eines ihrer wenigen Matches bin. Deshalb hängen sie sich rein. Nicht weil sie mich persönlich so toll fanden. Das macht mich schon manchmal müde. Für Männer wiederum ist es ganz anders. Wenn ich mit einem Mann schreibe, dann weiß er, dass ich ihn grade aus meinen 20 Matches des Tages ausgewählt habe. Die Voraussetzungen sind für beide also völlig unterschiedlich. Wer es nun besser oder schlechter oder leichter oder schwerer hat, ist schlecht zu sagen.

Der Sprung zur Augenhöhe

Am Anfang des Datingprozesses freuen sich die meisten Männer, dass sie ein Match haben, bemühen sich und wollen gefallen. Ich mag das natürlich und genieße die Aufmerksamkeit. Sobald es von der virtuellen Welt, beziehungsweise dem Annähern und den damit verbundenen “Machtgefälle” in die Realität geht, tritt die Augenhöhe ein. Für viele Männer ist das angenehm. Entweder sie wollen eh wieder lieber eine andere Frau, dann hören sie halt auf sich anzustrengen, oder aber es entwickelt sich eine Bindung auf Augenhöhe. Für mich als Frau ist es natürlich schön, wenn eine Bindung fester wird, aber dass er beginnt sich wohlzufühlen und ich nicht mehr quasi auf einem Podest stehe, ist auch irgendwie bedauerlich. Jedenfalls ist diese Änderung im Gefälle immer eine spannende Phase bei der es wie so oft auf Offenheit, Wohlwollen und gegenseitigem Bemühen ankommt.

Wer hat es also jetzt leichter? Männer oder Frauen?

Irgendjemanden zu finden, mit dem man sich trifft, ist für Frauen leichter als für die meisten Männer. Aber eine wirklich passende Person zu finden, mit der man sich wohlfühlt und die es ehrlich mit einem meint (und nicht auswählt, weil halt keiner anderer da ist), ist für beide herausfordernd.

Fazit

Die Welt der Dating-Apps ist geprägt von geschlechtsspezifischen Unterschieden in Strategien und Erlebnissen. Männer stehen vor der Herausforderung, in einer konkurrenzbetonten Umgebung aufzufallen, während Frauen sorgfältig filtern müssen, um Qualitätserfahrungen zu sichern. Mit einem Hauch von Selbstironie und dem Wissen, dass sowohl Männer als auch Frauen ihre ganz eigenen Dating-Kämpfe ausfechten, werden wir alle irgendwie unseren Weg durch das digitale Flirt-Chaos finden. Letztendlich geht es darum, authentisch zu bleiben und den Mut zu haben, dieses Abenteuer anzugehen – ein Swipe nach dem anderen.

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